Dunkelviolette Ständelwurz
Epipactis cardina
BENITO AYUSO & HERMOSILLA 1998


*Epipactis cardina* BENITO AYUSO & HERMOSILLA,
Est. Mus. Cienc. Nat. de Álava 13: 103 – 115. (1998)

Typus: Spanien, Provinz Teruel, Cantavieja, Pto. de Cuarto Pelado, 1640 m

Abb. 1
Spanien, Fortanete, Puerto de Cuarto Pelado (loc.typ.), 30.07.2001; hoher, lockerer Habitus an länger beschattetem Standort
Foto: HP





Abb. 2
Spanien, Valdelinares, Penarroya, 01.08.2006
Foto: HP





Abb. 3
Spanien, Valdelinares, Penarroya, 01.08.2006
Foto: HP
Etymologie:
cardina: „distelfarben“ wie die Blütenfarbe von Carduus

Wuchs und Größe :

kräftig, in der Regel nur einen oder 2 Sprosse austreibend, nicht selten auch mehr (3 bis 8); Wuchshöhe (10) 20-50 (-55) cm; sterile Triebe sind häufiger

Stängel:

bei kräftigen Pflanzen kräftig und steif; hellgrün bis (häufiger) violett, manchmal auffallend dunkel, an der Basis oft heller als im Blütenstand (selten auch umgekehrt)

Blätter:

1 - 2 manschettenförmige Niederblätter;
meist noch 1 bis 2, seltener 3 tragblattähnliche Hochblätter;
Laubblätter (4) 5 – 8 (9), lang, lanzettlich, zugespitzt, rinnig, meist sichelförmig gebogen, am Rand deutlich gewellt; mittel- bis dunkelgrün, oft leicht bis (selten) stark violett überlaufen, besonders unterseits kräftiger gefärbt, teils dunkel violett;
m.o.w. waagrecht, an helleren Stellen schräg aufwärts stehend, häufig streng zweizeilig angeordnet;
Verteilung an schattigen Stellen meist gleichmäßig, relativ eng stehend; an hellen Standorten teils auch auf dem Boden aufliegend, manchmal dort auch besonders eng zusammengedrängt;
bis über 10 cm lang und bis 5 cm breit;

Blütenstand:

Ähre meist dichtblütig, 20 – über 30 (-36) Blüten, bei schwachen Pflanzen lockerer mit weniger Blüten (ab 8 Blüten), allseits orientiert bis einseitswendig, ein Drittel bis deutlich über die Hälfte des Stängels einnehmend;
Spindel im Bereich des Blütenstandes kräftig und hell behaart;

Fruchtknoten und Stiel:

eiförmig, ähnlich wie bei E. atrorubens, leicht behaart, grün, braunrot bis kräftig violett;
Stielchen stets zumindest leicht violett;

Tragblätter:

schmal lanzettlich, die unteren die Blüten deutlich überragend, bis 4 cm lang und 0,5 cm breit

Blüten:

teils etwas nickend, meist aber waagrecht abstehend; weit geöffnet

Bestäubung allogam, vermutlich aber Selbstbestäubung am oberen Narbenrand bei ausbleibendem Insektenbesuch

Sepalen:

außen und innen grün, m.o.w. stark violett überlaufen, dadurch oft bräunlich;

oft weit nach hinten geschlagen; 9-10 x 4,5-5 mm

Petalen:

häufig weniger grünlich als die Sepalen, hell oder dunkel rosa bis violett, auch bräunlich; 8-9 x 3,9-4,3 mm

Hypochil:

3 mm tief, außen weißlich mit Rosa oder Grün; innen mittel- bis dunkelbraun, seltener grünlich, Nektar führend

Durchgang zwischen Hypo- und Epichil:

meist eng als gerade Spalte, gelegentlich breiter und V-förmig

Epichil/Kalli:

relativ klein, stark nach unten gebogen, m.o.w. stumpf herzförmig, 3,8-4,2 x 3,6-4 mm, rot bis braunviolett
2 mehr oder weniger deutliche Kalli

Gynostemium:

Säulchen relativ kurz; Anthere ungestielt, ragt nur wenig über das Klinandrium hinaus;
Narbe rechteckig;
Viscidium groß, weiß, lange funktionsfähig;
der Pollen bleibt lang kompakt;

Blütezeit:

(A)M7 – A (E)8; im selben Biotop deutlich später als E. distans und E. leptochila, etwas nach E. kleinii.
LOPEZ ESPINOSA & SÁNCHEZ GÓMEZ geben „letzte Juni-Woche bis Mitte Juli“ an (Jour. Eur. Orch. 38 (4). S. 814. 2006.)

Variabilität:
Die Sippe ist sehr variabel, sowohl hinsichtlich des Habitus als auch der Farbgebung. Je nach Exposition, Höhenlage, Bodenverhältnisse und Beschattung sind die unterschiedlichsten Pflanzen zu finden. Die Anthocyane fehlen in seltenen Fällen, überlagern aber meist leicht den grünen Farbstoff (färben Blüten bräunlich und Blätter dunkel blaugrün), in einzelnen Fällen ist das Grün unter dem Dunkelviolett kaum noch zu sehen. Es wurde auch eine Pflanze ohne Chlorophyll gefunden, die analog zu E. purpurata var. rosea rein rosa erscheint.
Verwechslungsmöglichkeiten:
Aufgrund der zweizeiligen, langen, tief angesetzten, gewellten Blätter, der kräftigen Behaarung der Spindel und der violetten Überfärbung kaum zu verwechseln. Im Austrieb ähnelt sie gelegentlich der kleineren und schmächtigeren E. kleinii, die ebenfalls normalerweise violett überlaufen ist.
Verbreitung

Gebiet:

Bergmassive des mittleren und südlichen Ostspaniens, bisher bekannt aus den Provinzen Teruel, Cuenca, Alicante, Murcia, Jaen und Granada.

Höhe:

900 – über 2000 m


Stand 2010
Verbreitungsgebiet
Kartenquelle: www.mygeo.info

Abb. 4
Spanien, Fortanete, Puerto de Cuarto Pelado (loc.typ.), 30.07.2001
Weitere Epipactis-Arten kommen in diesem Waldstück vor
Foto: HP
Standort

Boden:

tief- oder flachgründig über Kalk, häufig mit Kalkschotter durchsetzter, trockener Untergrund

Exposition:

---

Biotoptyp:

unterwuchsarmer, lichter Kiefernwald (Pinus sylvestris); Lichtungen mit spärlicher Vegetation; meist halbschattig, selten schattig, in hohen Lagen auch sonnig (meidet dann aber Südhänge), auch zwischen Gebüsch (v.a. Buchs und Wacholder); selten in Pappelpflanzungen
LOPEZ ESPINOSA & SÁNCHEZ GÓMEZ führen für die Provinz Murcia noch Waldgebiete, besetzt mit Schwarzkiefer und Steineichen, an.

Besonderheiten
Die Art blüht an einem Standort über längere Zeit: Neben völlig verblühten Exemplaren kann man in manchen Gegenden auch gerade aufblühende finden. Sie ist in geeigneten Biotopen manchmal recht häufig, fehlt aber ohne erkenntlichen Grund an gleich aussehenden, nahe liegenden Stellen völlig. Eine Gefährdung ist aufgrund der meist sehr wenig besiedelten Landschaften im Verbreitungsgebiet nicht zu erkennen, lediglich Wildverbiss, v.a. aber Abholzung oder Waldbrand könnten auch großflächig negative Auswirkungen haben.

Entfernte Ähnlichkeit besitzt die Sippe mit E. atrorubens, die im Gebiet aber nicht vorkommt. Die Blüten und der Habitus ähnelt etwas E. tremolsii.

An den besuchten Standorten kamen neben E. cardina hier und da E. kleinii, E. distans (eher selten im Gebiet), E. leptochila (sehr selten im Gebiet), Cephalanthera rubra und Neottia nidus-avis vor. In anderen Gegenden oder in Pappel-Anpflanzungen können auch weitere Arten hinzukommen.

Problematik

---


Abb. 5
Spanien, Valdelinares, Penarroya, 01.08.2006
Foto: HP

Abb. 6
Fortanete, Puerto de Villarroya, 30.07.2001
Begleitorchideen: Ep. kleinii und Ep. distans
Foto: HP

Abb. 7
Fortanete, Puerto de Villarroya, 31.07.2006
Begleitorchideen in weiterem Umkreis: Ep. leptochila, Ep. kleinii, Ep. distans und Ceph. rubra
Foto: HP

Abb. 8
Fortanete, Puerto de Villarroya, 31.07.2006
Foto: HP

Abb. 9
Spanien, Tragacete,03.08.2006
Foto: HP

Abb. 10
Spanien, Teruel, Puerto de Villaroya 30.06.2001
E. cardina (links) und E. kleinii (links Mitte) knospig
Foto: WW

Abb. 11
Fortanete, Puerto de Villarroya, 30.07.2001
Foto: HP

Abb. 12
Spanien, Valdelinares, Penarroya, 01.08.2006
Foto: HP

Abb. 13
Fortanete, Puerto de Villarroya, 30.07.2001
Foto: HP

Abb. 14
Fortanete, Puerto de Villarroya, 30.07.2001
Foto: HP

Abb. 15
Fortanete, Puerto de Villarroya, 30.07.2001
Foto: HP

Abb. 16
Fortanete, Puerto de Villarroya, 30.07.2001
Foto: HP

Abb. 17
Spanien, Fortanete, Puerto de Villarroya, 27.05.2002
Blattunterseite
Foto: HP











Abb. 19
Spanien, Teruel, Puerto de Villaroya 27.05.2002
Epipactis cardina austreibend
Foto: HP

Abb. 18
Spanien, Teruel, Puerto de Villaroya 30.06.2001.
Epipactis cardina knospig; kräftiger Habitus an weniger sonnigem Standort
Foto: WW

Abb. 20
Spanien, Valdelinares, Penarroya, 31.07.2006
Epipactis cardina fruchtend
Foto: HP

Abb. 21
Spanien, Valdelinares, Penarroya, 01.08.2006
bei hellem, trockenem Standort besonders "gestauchte" Pflanze
Foto: HP

Abb. 22
Fortanete, Puerto de Villarroya, 30.07.2001
bei hellem, trockenem Standort besonders "gestauchte" Pflanze
Foto: HP

Abb. 23
Fortanete, Puerto de Villarroya, 30.07.2001
Foto: HP

Abb. 24
Fortanete, Puerto de Villarroya, 30.07.2001
Foto: HP

Abb. 25
Fortanete, Puerto de Villarroya, 30.07.2001
Foto: HP

Abb. 26
Fortanete, Puerto de Villarroya, 30.07.2001
Foto: HP

Abb. 27
Fortanete, Puerto de Villarroya, 30.07.2001
Foto: HP

Abb. 28
Fortanete, Puerto de Villarroya, 30.07.2001
Foto: HP

Abb. 29
Spanien, Fortanete, Puerto de Cuarto Pelado (loc.typ.), 30.07.2001;
besonders stark überlaufenes Exemplar
Foto: HP

Abb. 30
Fortanete, Puerto de Villarroya, 30.07.2001
Foto: HP

Abb. 31
Fortanete, Puerto de Villarroya, 30.07.2001
Foto: HP

Abb. 32
Spanien, Teruel, Puerto de Villaroya 30.06.2001;
Foto: WW

Abb. 33
Fortanete, Puerto de Villarroya, 30.07.2001
Foto: HP

Abb. 34
Fortanete, Puerto de Villarroya, 30.07.2001
besonders stark überlaufenes Exemplar
Foto: HP

Abb. 35
Fortanete, Puerto de Villarroya, 30.07.2001
Foto: HP

Abb. 36
Fortanete, Puerto de Villarroya, 30.07.2001
Foto: HP


Abb. 37
Spanien, Valdelinares, Penarroya, 01.08.2006
forma rosea

Foto: HP


Abb. 38
Spanien, Valdelinares, Penarroya, 01.08.2006
forma rosea

Foto: HP

Abb. 39
Spanien, Valdelinares, Penarroya, 01.08.2006
forma rosea

Foto: HP

Abb. 40
Spanien, Valdelinares, Penarroya, 01.08.2006
forma rosea

Foto: HP

Abb. 41
Spanien, Teruel, Puerto de Villaroya 30.06.2001
Foto: WW


Abb. 42
Spanien, Teruel, Puerto de Villaroya 30.06.2001
Blattrand
Foto: WW

© 2010 AHO Bayern e. V.