Steinfelder Ständelwurz
Epipactis lapidocampi
E. KLEIN & LAMINGER 2004


*Epipactis lapidocampi * E. KLEIN & LAMINGER Phyton (Horn, Austria) 44(2): 185-189 (2004)

Typus:
Niederösterreich, südwestlich von Wiener Neustadt, zwischen St. Egyden und
Weikersdorf im Steinfeld, ca. 340 m.

Syn.:
Epipactis muelleri Godfery var. lapidocampi (E. KLEIN & LAMINGER) KREUTZ 2007
Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 24(1): 158 (2007)

Etymologie: nach dem Vorkommen im „Steinfeld“


Abb. 1
Niederösterreich, Weikersdorf (loc. typ.), 13.07.2006
Foto: WW




Abb. 2
Niederösterreich, Weikersdorf (loc. typ.), 13.07.2006
Foto: WW





Abb. 3
Niederösterreich, Weikersdorf (loc. typ.), 13.07.2006
Foto: WW





Abb. 4
Niederösterreich, Weikersdorf (loc. typ.), 13.07.2006
Fundort: lichter Kiefernwald
Foto: WW

Größe und Wuchs :

24 - 54 cm groß; schlank, aber stämmig wirkend

Stängel:

grün, dick, sehr steif, einzeln

Blätter:

3 - 8 Laubblätter, spitz eiförmig bis eilanzettlich, das längste 5,5 - 6 cm lang (1,5 - 2 mal so lang wie die Internodien), schräg aufwärts gerichtet (selten waagrecht: Abb. 5 ), ledrig, dunkelgrün, Rand oft wellig; 0 - 2 Hochblätter

Blütenstand:

auffallend schmal, nur undeutlich einseitswendig mit 9 - 24 Blüten, Spindel dicht behaart

Fruchtknoten und Stiel:

Stiel kurz, blassgrün; Fruchtknoten auffallend kurz

Tragblätter: lanzettlich; unterste länger als die Blüten, nach oben schnell kürzer werdend

Blüten:

± weit glockenförmig, nickend bis hängend, von weitem sehr hell wirkend

Bestäubung: autogam

Sepalen:

hellgrün, 9 mm lang

Petalen:

breit eiförmig, weißlichgrün, vor allem randlich ± rosa überlaufen

Hypochil:

innen hell braunrot, selten grünlichbraun (Abb. 14)

Durchgang zwischen Hypo- und Epichil:

sehr breit U-förmig

Epichil/Kalli:

Epichil kurz (breiter als lang), breit herzförmig, hell bis dunkel rosa, oft mit hellerem oder grünlichem Mittelstreifen; Kallus 2 längsorientierte, flache, bis in die Epichilspitze reichende Schwielen

Gynostemium:

Klinandrium sehr kurz oder fehlend, dadurch Narbenfläche senkrecht zur Säulenachse, ein Viscidium ist nur selten vorhanden; die Pollinien werden mit ihrer Basis direkt auf die Narbenfläche abgesetzt

Blütezeit:

E6 - M7

Variabilität:

Die Haltung und Wellung der Blätter variiert (siehe auch Fohringer, Jour. Eur. Orch. 40(2): 386-387 [2008]), möglicherweise in Abhängigkeit von der Wasserversorgung. Auch im Bau der Säule scheint es (jahresabhängige?) Variationen zu geben, das in der Typus-Beschreibung für 2004 angegebene Klinandrium mit Viscidium konnte 2006 an keiner der untersuchten Blüten beobachtet werden.

Verwechslungsmöglichkeit:

Epipactis muelleri hat einen dünneren Stängel mit lanzettlichen, dünneren und überhängenden Blättern sowie einen längeren Blütenstiel und Fruchtknoten.

Epipactis distans hat größere, meist weit geöffnete Blüten mit engem Durchgang zwischen Hypo- und Epichil.

Verbreitung

Gebiet:

Niederösterreich, bisher nur vom Typusfundort bekannt


Höhe:

340 m


Stand 2011
Verbreitungsgebiet
Kartenquelle: www.mygeo.info
Standort

Boden:

flachgründiger, sehr durchlässiger Boden auf Kalkschotter („Steinfeld“)

Exposition:

eben

Biotoptyp:

trocken-warmer, lichter Kiefernwald (Pinus nigra)

Besonderheiten

Epipactis lapidocampi wird am Wuchsort begleitet von Ep. atrorubens, distans, helleborine, microphylla und muelleri sowie einigen Hybriden zwischen diesen Arten, darunter Ep. atrorubens x lapidocampi. Nach FOHRINGER, Jour. Eur. Orch. 41(2): 397-410 (2009) ist der Bestand in den letzten Jahren (trockenheitsbedingt?) stark zurückgegangen; 2007 wurden nur noch 2 Exemplare blühend gefunden.

Problematik

Epipactis lapidocampi unterscheidet sich von Ep. muelleri eigentlich nur durch die Verkürzung (nicht Verkleinerung!) aller Blattelemente (Stängel-, Trag-, Blüten- und Frucht-Blätter = Fruchtknoten, z.B. Abb. 20 ) bis zur Anthere (Fehlen der muelleri-typischen „Zipfelmütze“, Bild Abb. 23 ) bei gleichzeitiger Verstärkung der Dicke (Stängel, Laubblätter). Das legt den Verdacht nahe, dass Ep. lapidocampi eine örtlich entstandene Variante von Ep. muelleri ist, bei der eines (oder mehrere) der die Entwicklung jeder einzelnen Pflanze (Ontogenese) steuernden Gene mutiert ist (WUCHERPFENNIG, Jahresber. naturwiss. Vereins Wuppertal 60: 221 [2007]). Dafür spricht auch, dass öfter Pflanzen mit seltsam unproportioniertem Habitus auftreten (Bild Abb. 7 ,
Abb. 8 ; FOHRINGER, Jour. Eur. Orch 40(2): 391, Abb. 1 [2008]).
DELFORGE (Nat. belges 87: 150+169 links unten [2006]) hat in Kroatien Ep. muelleri-Pflanzen mit lapidocampi-artigen Blättern gefunden, die aber in allen anderen Merkmalen muelleri-typisch sind.


Abb. 5
Niederösterreich, Weikersdorf (loc. typ.), 13.07.2006
Pflanze mit ausnahmsweise waagrecht gehaltenen Blättern
Foto: WW

Abb. 6
Niederösterreich, Weikersdorf (loc. typ.), 13.07.2006
Foto: WW

Abb. 7
Niederösterreich, Weikersdorf (loc. typ.), 13.07.2006
abnormer Habitus
Foto: WW

Abb. 8
Niederösterreich, Weikersdorf (loc. typ.),
13.07.2006; abnormer Habitus
Foto: WW

Abb. 9
Niederösterreich, Weikersdorf (loc. typ.), 13.07.2006
lockerblütiges Exemplar
Foto: EG

Abb. 10
Niederösterreich, Weikersdorf (loc. typ.), 13.07.2006
Foto: EG

Abb. 11
Niederösterreich, Weikersdorf (loc. typ.), 13.07.2006
Foto: WW

Abb. 12
Niederösterreich, Weikersdorf (loc. typ.), 13.07.2006
Foto: EG

Abb. 13
Niederösterreich, Weikersdorf (loc. typ.), 13.07.2006
Foto: EG

Abb. 14
Niederösterreich, Weikersdorf (loc. typ.), 13.07.2006
Foto: WW


Abb. 15
Niederösterreich, Weikersdorf (loc. typ.), 13.07.2006
Foto: WW

Abb. 16
Niederösterreich, Weikersdorf (loc. typ.), 13.07.2006
Foto: WW

Abb. 17
Niederösterreich, Weikersdorf (loc. typ.), 13.07.2006
etwas zierlicheres Exemplar
Foto: EG

Abb. 18
Niederösterreich, Weikersdorf (loc. typ.), 13.07.2006
Foto: WW

Abb. 19
Niederösterreich, Weikersdorf (loc. typ.), 13.07.2006
Foto: EG

Abb. 20
Niederösterreich, Weikersdorf (loc. typ.), 13.07.2006
Foto: WW

Abb. 21
Niederösterreich, Weikersdorf (loc. typ.), 13.07.2006
Foto: WW

Abb. 22
Niederösterreich, Weikersdorf (loc. typ.), 13.07.2006
Verkürzte Petalen und Sepalen bei Ep. lapidocampi
Foto: WW

Abb. 23
Niederösterreich, Weikersdorf (loc. typ.), 13.07.2006
stumpfe Anthere und verkürzte Lippe bei Ep. lapidocampi
Foto: WW

Abb. 24
Niederösterreich, Weikersdorf (loc. typ.), 13.07.2006
Studie der Säule
Foto: WW

Abb. 25
Niederösterreich, Weikersdorf (loc. typ.), 13.07.2006
Detail des Blattrandes
Foto: WW

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