Pontus-Ständelwurz, Pontische Ständelwurz
Epipactis pontica
TAUBENHEIM (1975)


*Epipactis pontica * TAUBENHEIM; Die Orchidee 26 (2): 68 (1975)

Typus:
Türkei, Prov. Bolu, Pass Dorukhan gecidi, an der Straße von Mengen nach Devrek, 800 - 900 m.ü.d.M., Buchen-Schluchtwald, 1.8.1974

Synonyme:

Epipactis helleborine subsp. pontica (TAUBENHEIM) SUNDERMANN, Eur. Medit. Orch. ed. 3: 41 (1980)

Etymologie:
Benannt nach dem Pontus, einem Gebirgszug entlang der türkischen Schwarzmeer-Küste.


Abb. 1
Slowakische Republik, Uhrovec, 23.07.2011
Foto: HP



Abb. 2
Slowakische Republik, Uhrovec, 23.07.2011
Foto: HP




Abb. 3
Österreich, Steiermark, Fresing, 01.08.2006;
Foto: UG



Abb. 4
Slowakische Republik, Uhrovec, 23.07.2011
Buchenmischwald mit Ep. pontica und
Neottia nidus-avis
Foto: HP

Größe und Wuchs :

zierlich und eher klein; bei hellem Standort gelegentlich auch 2 (-3) Sprosse austreibend, meist aber einzeln; Wuchshöhe (10) 15-20 (32) cm; sterile Triebe sind nicht bekannt.

Stängel:

dünn, grün (unten blasser) bis bräunlich und spärlich behaart

Blätter:

1-2 (3) schuppige Niederblätter,
weitere Laubblätter besonders im Osten, teils auch im Westen auffallend hoch angesetzt, 2–4 (5), hellgrün bis grün, längstes 4,5-8 x 1-2 cm, oval – lanzettlich, waagrecht vom Stängel abgehend, meist leicht schräg (sehr selten steil) aufwärts stehend, teilweise etwas bogig; flach ausgebreitet bis rinnig, am Rand gelegentlich leicht gewellt; dazu teils Hochblätter (0 – 3), lanzettlich spitz



Blütenstand:

Ähre meistens nicht besonders dichtblütig mit 5-10 (14) Blüten, öfter m.o.w. einseitswendig; relativ kurz, ein Sechstel bis weniger als die Hälfte des Stängels einnehmend
Spindel im Bereich des Blütenstandes kurz und teils dichter behaart, Härchen gelegentlich verzweigt

durch obligate Autogamie nahezu 100% Fruchtansatz



Fruchtknoten und Stiel:

Stielchen lückig und schwach behaart, grün
Frucht wenig behaart, lang eiförmig bis kurz rundlich, grün

Tragblätter: die unteren schmal lanzettlich, gelegentlich länger als die Blüten, dann schnell kürzer werdend, die oberen kurz; m.o.w. waagrecht abstehend

Blüten:

klein, grünlich, Rottöne fehlen fast immer; fast waagrecht ausgerichtet bis deutlich hängend (v.a. bei Trockenheit); glockig bis weiter geöffnet, bei längerer Trockenheit auch kleistogam

Bestäubung: autogam

Sepalen:

6,5–8 x 2-4 mm, das mittlere etwas kleiner, länglich oval bis oval, grün

Petalen:

etwas kleiner, oft ein wenig heller als die Sepalen

Hypochil:

fast rund bis längs oval, 2 mm tief, 3–3,5 x 3–3,4 mm, außen grünlich weiß, innen (seltener) grün bis mittelbraun, teilweise Nektar führend

Durchgang zwischen Hypo- und Epichil:

relativ breit U-förmig; Kragen schmal

Epichil/Kalli:

rund bis quer oval, wenig bis gar nicht gespitzt, ca. 2,5-3 x 3-4 mm; an der reifen Blüte ausgebreitet bis konvex;
grünlich weiß, in der Mitte an der Basis grün bis leicht bräunlich;

Kalli meist nur flach und wenig gegliedert, kein Mittelkallus



Gynostemium:

Anthere kurz bis (selten) deutlich gestielt, breit
Rostellum lang, Viscidium deutlich ausgebildet, aber schon in der Knospe funktionslos
Narbe kissenförmig, der untere Rand tief gespalten

Pollinien locker und br öselig, quellen zu beiden Seiten des Rostellums auf den oberen Narbenrand



Blütezeit:

eher spät, nach Ep. helleborine aufblühend;
E 7 – M8 (A9)

Variabilität:

Epipactis pontica variiert in der Blüte relativ wenig. Die Variabilität beschränkt sich größtenteils auf die Hypochilfarbe und die Kalli des Epichils.
Deutlicher variabel sind die Größe und Stellung der Laubblätter und ihre Entfernung vom Untergrund.


Verwechslungsmöglichkeit:

Durch ihre typische und wenig variable Blüte ohne Rottöne in Verbindung mit dem zierlichen Habitus ist die Art kaum zu verwechseln. Zierliche Ausprägungen (bzw. Unterarten) von Ep. helleborine können habituell ähnlich aussehen, haben aber andere Blüten, die zudem meist farbiger sind und keine Autogamie aufweisen.

Von Ep. persica, mit der sie in der Türkeigemeinsam vorkommt, unterscheidet sie sich durch die längeren Blätter, den breiteren Epichil-Hypochil-Übergang und die Kalli ohne Rottöne.

Verbreitung

Gebiet:

Die Sippe wurde aus dem Norden der Türkei beschrieben und erst viele Jahre später auch in Europa (Ostösterreich) erkannt. Danach wurden auch relativ wenige Stellen in Ungarn, Bulgarien, Slowenien, Tschechien, Slowakei, Italien und schließlich auch in Nord-Griechenland bekannt. Angaben aus Rumänien sind fragwürdig.

Höhe:

400 – (900 m in Österreich) - 1500 m


Stand 2014
Verbreitungsgebiet
Kartenquelle: www.mygeo.info
Standort

Boden:

neutral bis basisch, weder besonders feucht noch besonders trocken, gern an lehmigen Stellen

Exposition:

jede

Biotoptyp:

Die Art besiedelt wohl ausnahmslos warme Laubwälder der collinen Stufe. Im Osten des Verbreitungsgebiets findet man sie in Beständen der Orientbuche (Fagus orientalis), im Westen unter Rotbuche (Fagus sylvatica) und vor allem in Hainbuchenbeständen (Carpinus betulus). Meist steht sie in Waldrandnähe, kann jedoch auch relativ dunkel im Waldesinneren wachsen. Sie bevorzugt krautarme Bereiche.

Besonderheiten

Sterile Pflanzen sind nicht bekannt. Bei Trockenheit öffnen sich die Blüten an Stellen mit wenig Restfeuchtigkeit im Boden kaum oder gar nicht, werden aber befruchtet (Autogamie). Gelegentlich fallen sie jedoch auch ab.
Problematik

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Abb. 5
Österreich, Steiermark, Leibnitz, 27.07.2003; Buchenmischwald mit besserer Wasserversorgung durch oberhalb verlaufende Straße
Foto: HP

Abb. 6
Ungarn, Füzér, 31.07.2003;
im warmen Buchenwald, an feuchten Stellen auch Ep. albensis
Foto: HP

Abb. 7
Türkei, Ordu, Tekkiraz, 06.07.1993, Höhe ca. 450m
Foto: HZ

Abb. 8
Österreich, Burgenland, Punitz, 09.08.1996
wärmeliebender Hainbuchenwald mit Ep. pontica und Ep. purpurata
Foto: HP

Abb. 9
Griechenland, Ost-Makedonien, Rhodopen, 11.08.2010;
In den griechischen Rhodopen sind die Lebensräume hauptsächlich Buchenwälder, seltener auch Hopfenbuchen-Wälder (Ostrya carpinifolia).

Foto: Spyros TSIFTSIS

Abb. 10
Österreich, Burgenland, Rumpersdorf, 08.08.2006;
Biotop entlang eines kleinen Bachlaufes, im weiteren Bereich Ep. albensis und Epipogium aphyllum
Foto: UG

Abb. 11
Österreich, Steiermark, Stift Rein 03.08.1993;
Foto: WW

Abb. 12
Österreich, Burgenland, Kohfidisch, 08.08.1992;
Foto: EG

Abb. 13
Tschechien, Hradcovice, 07.08.2005, Höhe ca. 290m
Foto: HZ

Abb. 14
Türkei, Bolu, Yedigöller, 14.08.2010

Foto: N. BOZKURT

Abb. 15
Türkei, Ordu, Tekkiraz, 06.07.1993, Höhe ca. 450m
knospende Pflanzen
Foto: HZ

Abb. 16
Türkei, Ordu, Tekkiraz, 06.07.1993, Höhe ca. 450m
Foto: HZ

Abb. 17
Griechenland, Ost-Makedonien, Mt. Lekani, 31.07.2011
Foto: Spyros TSIFTSIS

Abb. 18
Griechenland, Ost-Makedonien, Mt. Lekani, 31.07.2011
Foto: Spyros TSIFTSIS

Abb. 19
Ungarn, Günser Gebirge, Velem, 09.08.1996
Foto: HP

Abb. 20
Ungarn, Füzér, 30.07.2004;
Foto: SH

Abb. 21
Slowakische Republik, Uhrovec, 01.08.2003
kleistogam
Foto: HP

Abb. 22
Slowakische Republik, Uhrovec, 23.07.2011
Foto: HP

Abb. 23
Slowakische Republik, Povazská Teplá, 02.08.2005
Foto: SH

Abb. 24
Slowakische Republik, Uhrovec, 23.07.2011
Foto: HP

Abb. 25
Slowakische Republik, Uhrovec, 23.07.2011
Foto: HP

Abb. 26
Tschechien, Hradcovice, 07.08.2005, Höhe ca. 290m
Foto: HZ

Abb. 27
Österreich, Burgenland, Punitz, 09.08.1996
Foto: HP

Abb. 28
Österreich, Burgenland, Punitz, 09.08.1996
Foto: HP

Abb. 29
Österreich, Burgenland, Punitz, 25.07.2004
sehr kräftiges Exemplar
Foto: SH

Abb. 30
Österreich, Burgenland, Kohfidisch, 04.08.2004;
Höhe ca. 340 m
Foto: HZ

Abb. 31
Österreich, Burgenland, Kohfidisch, 04.08.2004;
Höhe ca. 340 m
Foto: HZ

Abb. 32
Österreich, Burgenland, Kohfidisch, 08.08.1992;
kleistogam
Foto: EG

Abb. 33
Österreich, Steiermark, Fresing, 01.08.2006;
Foto: UG

Abb. 34
Österreich, Burgenland, Rumpersdorf, 08.08.2006;
Foto: UG

Abb. 35
Österreich, Steiermark, Fresing, 01.08.2006;
Foto: UG

Abb. 36
Österreich, Steiermark, Stift Rein, 16.07.1989;
Foto: EG

Abb. 37
Österreich, Steiermark, Stift Rein, 16.07.1989;
Foto: EG

Abb. 38
Österreich, Steiermark, Leibnitz, 27.07.2003
Foto: HP

Abb. 39
Italien,Veneto, Treviso, Fregona, 04.08.2008

Foto: B. BARSELLA

Abb. 40
Türkei Kastamonu 23.07.1982

Foto: D. RÜCKBRODT

Abb. 41
Griechenland, Thrakien, Rhodopen, 31.07.2011;
kleistogam
Foto: Spyros TSIFTSIS

Abb. 42
Griechenland, Ost-Makedonien, Mt. Lekani, 31.07.2011
Foto: Spyros TSIFTSIS

Abb. 43
Ungarn, Günser Gebirge, Velem, 09.08.1996
Foto: HP

Abb. 44
Slowakische Republik, Uhrovec, 01.08.2003
kleistogam
Foto: HP

Abb. 45
Slowakische Republik, Uhrovec-Látkovce, 05.08.2005
Foto: SH

Abb. 46
Italien,Veneto, Treviso, Fregona, 04.08.2008

Foto: B. BARSELLA

Abb. 47
Österreich, Burgenland, Rumpersdorf, 08.08.2006;
Foto: UG

Abb. 48
Slowakische Republik, Uhrovec, 01.08.2003
Foto: HP

Abb. 49
Österreich, Steiermark, Fresing, 06.08.2004;
Foto: SH

Abb. 50
Österreich, Steiermark, Leibnitz, 27.07.2003
Foto: HP

Abb. 51
Österreich, Steiermark, Stift Rein, 16.07.1989;
Foto: EG

Abb. 52
Österreich, Steiermark, Stift Rein, 16.07.1989;
Foto: EG

Abb. 53
Ungarn, Bózsva, 31.07.2004
Foto: SH

Abb. 54
Slowakische Republik, Uhrovec, 23.07.2011
Foto: HP

Abb. 55
Italien,Veneto, Treviso, Fregona, 04.08.2008

Foto: B. BARSELLA

Abb. 56
Österreich, Burgenland, Hasendorf, 10.08.1996
Foto: HP

Abb. 57
Österreich, Steiermark, Fresing, 24.07.2004;
Foto: SH

Abb. 58
Slowakische Republik, Uhrovec, 23.07.2011
Foto: HP

Abb. 59
Ungarn, Bózsva, 31.07.2004
Foto: SH

Abb. 60
Tschechien, Hradcovice, 07.08.2005, Höhe ca. 290m
Foto: HZ


Abb. 61
Ungarn, Füzér, 31.07.2003
Blüte mit ungewöhnlich breitem Hypochil
Foto: HP


Abb. 62
Tschechien, Hradcovice, 07.08.2005, Höhe ca. 290m
Foto: HZ

Abb. 63
Österreich, Burgenland, Kohfidisch, 04.08.2004;
Höhe ca. 340 m
Foto: HZ

Abb. 64
Österreich, Steiermark, Fresing, 01.08.2006;
Foto: UG

Abb. 65
Österreich, Burgenland, Punitz, 09.08.1996
Foto: HP

Abb. 66
Österreich, Steiermark, Leibnitz, 27.07.2003
Foto: HP

Abb. 67
Österreich, Burgenland, Punitz, 09.08.1996
Foto: HP

Abb. 68
Österreich, Steiermark, Fresing, 06.08.2004;
Foto: SH

Abb. 69
Österreich, Steiermark, Stift Rein, 16.07.1989;
Foto: EG

Abb. 70
Slowakische Republik, Uhrovec, 05.08.2004
Fruchtkapsel
Foto: HP

Abb. 71
Slowakische Republik, Uhrovec, 01.08.2003
Foto: HP

Abb. 72
Ungarn, Kishuta, 30.07.2004;
Foto: SH

Abb. 73
Slowakische Republik, Uhrovec-Látkovce, 05.08.2005
Foto: SH

Abb. 74
Slowakische Republik, Povazská Teplá, 02.08.2005
Foto: SH

Abb. 75
Slowakische Republik, Uhrovec-Látkovce, 05.08.2005
Foto: SH

Abb. 76
Österreich, Steiermark, Fresing, 06.08.2004;
Foto: SH

Abb. 77
Österreich, Steiermark, Fresing, 06.08.2004;
Foto: SH


Abb. 78
Österreich, Burgenland, Hasendorf, 09.08.2006;

manchmal bleibt der Antherensack geschlossen und es werden keine Pollen freigegeben
Foto: UG


Abb. 79
Österreich, Burgenland, Punitz, 09.08.1996
Foto: HP

Abb. 80
Österreich, Burgenland, Punitz, 09.08.1996
Foto: HP

Abb. 81
Österreich, Steiermark, Stift Rein, 02.08.2006;
Foto: UG

Abb. 82
Griechenland, Ost-Makedonien, Mt. Lekani, 31.07.2011
Foto: Spyros TSIFTSIS

Abb. 83
Slowakische Republik, Uhrovec, 23.07.2011
Foto: HP

Abb. 84
Österreich, Steiermark, Fresing, 01.08.2006;
Foto: UG

Abb. 85
Österreich, Steiermark, Fresing, 01.08.2006;
Foto: UG

Abb. 86
Ungarn, Füzér, 31.07.2003
Foto: HP

Abb. 87
Türkei, Bolu, Yedigöller, 14.08.2010
zerlegte Blüte auf Millimeterpapier

Foto: N. BOZKURT

Abb. 88
Österreich, Steiermark, Leibnitz, 27.07.2003
Foto: HP

Abb. 89
Österreich, Steiermark, Stift Rein 03.08.1993
Detail des Säulchens
Foto: WW


Abb. 90
Österreich, Burgenland, Kirchfidisch, 04.08.2004
Detail des Blattrandes
Foto: WW


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